Vorwort des Jahresberichts 2016
Was ich Ihnen zum Abschied noch sagen möchte
im Rahmen ihrer Verabschiedung in den Ruhestand
am 25. Juli 2016
Sehr geehrte und auch liebe Festgäste,
Sie sind heute hierhergekommen – von nah, nicht ganz so nah und auch ferner, damit wir einander in einem festlichen Rahmen Lebewohl sagen können. Darüber freue ich mich sehr.
Ich danke von Herzen für die ehrenden / anrührenden / amüsanten
Worte, die Herr Dr. Hatzung, Herr Domkapitular Neumüller und Herr Hanauska für mich gefunden haben. Dieser gemeinsam erlebte Tag wird mich immer an Sie und an diese Schule erinnern.
Es ist wunderbar, dass Mila Portnova und Vadim Vassilkov mir meinen Wunsch, heute zu musizieren, erfüllen – und ich danke unserem Kollegium, dass es mir dieses kleine Konzert zum Abschied schenkt.
Mein Dank gilt den unzähligen Schülerinnen, die ich selbst unterrichtet habe, bzw. für deren sinnvolle Unterrichtung und Erziehung ich als Schulleiterin verantwortlich war. Ohne sie hätte ich meinen Beruf, den ich auch nach 40 Berufsjahren als einen prinzipiell sehr schönen betrachte, nicht ausüben können.
Mein großer Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und in ganz besonderer Weise Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen (die etwa fünfzehn, die gerade auf Klassen- und Abiturfahrt sind, denken wir uns jetzt hinzu).
Diese vielen gemeinsamen Jahre haben einen nicht geringen Anteil an meiner Lebensprägung. Es war eine Zeit, in der wir oft Gelegenheit zum produktiven Gespräch, zum Ringen um den richtigen Weg hatten.
Sie wissen, ich halte guten Humor für unabdingbar, damit das Leben im Allgemeinen und der Beruf des Pädagogen im Besonderen gelingen können. Deshalb denke ich mit besonderer Freude an die erheiternden Momente und Situationen, wie man sie nur in einer sich wohlgesinnten Gemeinschaft erleben kann.
Um rhetorische Ausuferungen zu vermeiden, habe ich mir vorgenommen, nur zwei Menschen namentlich zu danken, nämlich meinen beiden Stellvertretern, Monika Wagner für das Gymnasium und Richard Reber für die Realschule.
Nur mit ihnen an meiner Seite konnte ich frei, gelassen und mit Freude arbeiten. Sie waren bessere Stellvertreter als man sie sich in kühnsten Träumen modellieren könnte.
Liebe Monika, lieber Richard, ihr wart außergewöhnlich, und ich wünsche euch aus tiefstem Herzen eine außergewöhnlich gute Zukunft.
Ich mag diese Schule. Deshalb kann ich sie nicht verlassen, ohne darüber nachzudenken, was sie braucht, damit es ihr gut geht.
Sie ist in dieser Stadt eine Institution, die Geschichte geschrieben hat. Vor 177 Jahren von der Kongregation der Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau gegründet, ist sie die erste Schule, die Mädchen und jungen Frauen in der Oberpfalz eine höhere Schulbildung ermöglichte. Sie hat in dieser langen Zeit einen großartigen Beitrag zur immer besseren Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen geleistet.
Ihren Bildungsauftrag erfüllt sie in einem Gebäudekomplex, der Baustile aus mehreren Epochen umfasst, an dem sich bedeutende Baumeister verwirklichten und der deshalb unter europäischem Denkmalschutz steht.
Das macht sie zu einer Rarität in Bayern.
Eine weitere besondere Prägung dieser Schule ist ihre christliche, ihre spezifisch katholische Ausrichtung. Die offene und nachdenkliche Auseinandersetzung mit Fragen des Glaubens, der kirchlichen Lehrmeinung, der Ökumene und des Hineinwirkens christlicher Überzeugungen in die Gesellschaft ist seit Jahrzehnten eines ihrer Markenzeichen.
Da eine Schule ein lebendiger Organismus ist, muss sie ihre Wurzeln und ihre Entwicklungsphasen kennen, aber sie darf nie aufhören, sich zu wandeln, sich zu reformieren. Andernfalls würde sie früher oder später in der Bedeutungslosigkeit versinken und irgendwann auch aufhören zu existieren.
Das heißt, auch diese Schule muss immer wieder neu bereit sein zu Aufbruch und Veränderung. Dabei verdient sie die größtmögliche Aufmerksamkeit und Behutsamkeit derer, die für sie Verantwortung übernommen haben.
Als Frage- und Handlungsfelder der sehr nahen Zukunft sehe ich beispielsweise diese:
- Wie lässt sich die dringend erforderliche Gebäudesanierung bautechnisch am besten durchführen?
- Welches optische Ergebnis hätten wir gerne?
- Wann fangen wir an?
- Wie lässt sich das seit dem Weggang der A. Schulschwestern im Sommer 2009 leerstehende Konventgebäude sinnvoll nutzen?
- Ist vielleicht die Zeit gekommen, diese Schule koedukativ zu führen, sie also für Mädchen und Buben gleichermaßen zu öffnen? Könnte es vielleicht sein, dass es in unserer Zeit die Aufgabe einer kirchlichen Schule ist, beide Geschlechter so zu bilden und zu erziehen, dass ein gleichberechtigtes und respektvolles Mit einander dauerhaft gelingt?
Diese Fragen zu stellen ist das eine, das zugegebenermaßen einfachere. Die Antworten zu geben und umzusetzen, das andere, das deutlich schwierigere.
Das geht nicht ohne Courage, ohne klaren Blick, der sich an der Sache orientiert, ohne bemerkenswerte physische und psychische Kraft.
Von all dem werden alle Beteiligten viel benötigen. Und ich wünsche Ihnen, Herr Jehl, als meinem Nachfolger besonders viel davon.
Dieser Wunsch gilt natürlich gleichermaßen der Schulstiftung der
Diözese Regensburg, also Ihnen, Herr Neumüller, und Ihnen, Herr Gröber.
Vertrauen Sie in Augenblicken der Not und des Zweifelns den Worten der Dichterin Hilde Domin, die schrieb:
Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise
wie einem Vogel
die Hand hinhalten.
Diese Schule braucht noch etwas, das nicht einmal der Bischof von Regensburg allein ihr geben kann. Dazu bedarf es aller bayerischen, vielleicht sogar aller deutschen Bischöfe. Es geht um die Antwort auf die Frage, die ich für die alles entscheidende halte, wenn man über den Auftrag und die Zukunft der katholischen Schulen nachdenkt.
Sie lautet:
„Was sind uns unsere Lehrkräfte wert, die zu den besten im Lande gehören sollen, die überzeugte und praktizierende Katholiken sein sollen, die aufgrund ihrer Exzellenz die von den deutschen Bischöfen dokumentierte und eingeforderte klare Profilierung der katholischen Schulen ermöglichen sollen? Was sind sie uns als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirklich wert?“
Diese Frage war unbeantwortet, als ich vor 38 Jahren hier als Lehrerin anfing. Sie ist es bis heute.
Wie oft darf man Hoffnungen wecken und sie dann doch enttäuschen?
Die kleine und die große Geschichte lehrt uns: Man darf es nicht unbegrenzt.
Nun, ich bin am Ende angelangt, und ich habe einen letzten Wunsch für Sie alle:
Der britische Schriftsteller Kenneth Grahame (1859 – 1932) erzählt in seinem Buch „The Wind in the Willows“ von Tieren, die miteinander an einem Fluss leben. Dazu gehört auch ein Maulwurf, der dieses gemeinsame Leben genießt. Über ihn heißt es an einer Stelle:
„Er setzte sich ans Ufer und lauschte dem Fluss, der mit ihm redete – sie erzählten sich die besten Geschichten der Welt.“
Nehmen Sie sich immer wieder genügend Zeit, um an so einem Fluss zu sitzen.
Renate Gammel